Camerarius, De notatione figurarum orationis in scriptis apostolicis, 1556

Aus Joachim Camerarius (1500-1574)
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Opus Camerarii
Werksigle OC 0623
Zitation De notatione figurarum orationis in scriptis apostolicis, et studio literarum, et cognitione linguarum, necessaria ad intellegendos et explicandos libros sacros, ad (...) Sigismundum archiepiscopum Magdepurgensem (...) Ioachimi Camer(arii) Pabeperg(ensis), bearbeitet von Jochen Schultheiß (21.02.2023), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/OC_0623
Name Joachim Camerarius I.
Status Verfasser
Sprache Latein
Werktitel De notatione figurarum orationis in scriptis apostolicis, et studio literarum, et cognitione linguarum, necessaria ad intellegendos et explicandos libros sacros, ad (...) Sigismundum archiepiscopum Magdepurgensem (...) Ioachimi Camer(arii) Pabeperg(ensis)
Kurzbeschreibung Vorwort zu der Schrift über die Bezeichnungen der Redefiguren in den Schriften der Apostel. Hierin streicht Camerarius die Bedeutung der Gelehrsamkeit für das richtige Bibelverständnis heraus und erläutert seine Kommentarpraxis.
Erstnachweis 1556
Bemerkungen zum Erstnachweis Datum des Erstdruckes
Datum unscharfer Erstnachweis (Beginn) 1556/01/01
Datum unscharfer Erstnachweis (Ende) 1556/12/31
Schlagworte / Register Bibelexegese; Kommentar; Sprache; Prooemium; Grammatik; Stilkritik; Bibelhermeneutik; Textkritik; Bildungsdiskurs; Kommentarpraxis
Paratext zu
Paratext? ja
Paratext zu Camerarius, Notatio figurarum orationis in apostolicis scriptis (Druck), 1556
Überliefert in
Druck Camerarius, Notatio figurarum orationis in apostolicis scriptis (Druck), 1556; Camerarius, Notatio figurarum orationis in apostolicis scriptis (Druck), 1572.
Erstdruck in Camerarius, Notatio figurarum orationis in apostolicis scriptis (Druck), 1556
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck Bl. A2r-B6v
Carmen
Gedicht? nein
Erwähnungen des Werkes und Einfluss von Fremdwerken
Wird erwähnt in
Folgende Handschriften und gedruckte Fremdwerke beeinflussten/bildeten die Grundlage für dieses Werk
Bearbeitungsstand
Überprüft am Original überprüft
Bearbeitungsstand korrigiert
Wiedervorlage ja
Bearbeiter Benutzer:JS
Gegengelesen von
Bearbeitungsdatum 21.02.2023
Opus Camerarii
Werksigle OC 0623
Zitation De notatione figurarum orationis in scriptis apostolicis, et studio literarum, et cognitione linguarum, necessaria ad intellegendos et explicandos libros sacros, ad (...) Sigismundum archiepiscopum Magdepurgensem (...) Ioachimi Camer(arii) Pabeperg(ensis), bearbeitet von Jochen Schultheiß (21.02.2023), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/OC_0623
Name Joachim Camerarius I.




Sprache Latein
Werktitel De notatione figurarum orationis in scriptis apostolicis, et studio literarum, et cognitione linguarum, necessaria ad intellegendos et explicandos libros sacros, ad (...) Sigismundum archiepiscopum Magdepurgensem (...) Ioachimi Camer(arii) Pabeperg(ensis)
Kurzbeschreibung Vorwort zu der Schrift über die Bezeichnungen der Redefiguren in den Schriften der Apostel. Hierin streicht Camerarius die Bedeutung der Gelehrsamkeit für das richtige Bibelverständnis heraus und erläutert seine Kommentarpraxis.
Erstnachweis 1556
Bemerkungen zum Erstnachweis Datum des Erstdruckes
Datum unscharfer Erstnachweis (Beginn) 1556/01/01
Datum unscharfer Erstnachweis (Ende) 1556/12/31
Schlagworte / Register Bibelexegese; Kommentar; Sprache; Prooemium; Grammatik; Stilkritik; Bibelhermeneutik; Textkritik; Bildungsdiskurs; Kommentarpraxis
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Überliefert in
Druck Camerarius, Notatio figurarum orationis in apostolicis scriptis (Druck), 1556; Camerarius, Notatio figurarum orationis in apostolicis scriptis (Druck), 1572.
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Gedicht? nein
Erwähnungen des Werkes und Einfluss von Fremdwerken
Folgende Handschriften und gedruckte Fremdwerke beeinflussten/bildeten die Grundlage für dieses Werk
Bearbeitungsdatum 21.02.2023


Widmung und Entstehungskontext

Die Vorrede ist als ein Widmungsbrief an den Magdeburger Erzbischof Sigismund von Brandenburg gestaltet.

Aufbau und Inhalt

Drei Jahre zuvor, als Deutschland von Krankheit und Krieg heimgesucht wurde, hat Camerarius begonnen, einige Erklärungen zu griechischen Schriften durchzugehen, die er vor acht Jahren gesammelt hat, als ebenfalls ein höchst verderblicher Krieg herrschte (Anm. 1). Diese Zeit, als die Lehre ruhte, hat er genutzt, um die sorgfältig gesammelten und zu einem Corpus zusammengeführten Erklärungen durchzuschauen und zu exzerpieren (aa2r/v). In erster Linie hat ihn dabei das interessiert, was sich auf das Verständnis der Sprache bezog. Zu dieser Zeit hat er auch Werke zur Grammatik zur Hand gehabt, so dass er alles noch gründlicher untersuchen und kommentieren konnte.
Für seine Arbeit konnte er auch die Auslegungen (enarrationes) des Johannes Chrysostomos heranziehen, die mit höchster Sorgfalt in Italien auf Griechisch herausgegeben wurden (Graece editas in Italia perquam accurate).
Camerarius rechtfertigt im Folgenden seine Beschäftigung mit dem Thema. Er ist sich bewusst, dass auch andere Werke vergleichbarer Art im Entstehen sind. Aber alle Schriften weichen ja bekanntlich in ihrer Tendenz und in dem von ihnen vermittelten Wissen (discrepante ratione, vel opinionis vel scientiae) voneinander ab (aa3r). Es wird auch solche geben, die seinen Berufsstand nicht für qualifiziert halten. Camerarius rechtfertigt seinen Zugang zu den Texten damit, dass die Grammatiker Kenntnisse lieferten, die andere für sich nutzen könnten (aa3v-aa4r).
Camerarius stellt die Grammatik als eine Disziplin dar, die zwei Bereiche umfasst: der eine fragt nach der Natur, Bedeutung und Verwendung von Einzelwörtern (quae singulorum verborum sit natura, significatio, usurpatio). Der andere beschäftigt sich mit Formen der Zusammensetzung wie etwa die Rede (forma compositorum ut oratio). Diese Zusammensetzungen werden φράσις oder figurae sermonis (Redefiguren) genannt. Diese wiederum werden in zwei Gruppen geteilt: In modi loquendi, die sich auf die eigentliche Wortbedeutung oder einfache Wortverbindungen beziehen, oder Übertragungen der genannten Gruppen, die die eigentliche Bezeichnung "Figuren" (figurae) tragen. Die griechische Bezeichnung hierfür ist ἐσχηματισμένα. Camerarius belegt die Unterscheidung mit Beispielen (einerseits columna in porticu, andererseits columen familiae).
Camerarius geht im Folgenden auf die Gründe für sein Vorhaben ein (aa4v-aa5r). Dabei zieht er einen Vergleich zur Jurisprudenz, die ebenfalls zu ihrem Nutzen zu Kommentaren greift. Nur durch solche Hilfsmittel kann auch über religiöse Erkenntnisse gesprochen werden. Nichtsdestotrotz bleibt der Glaube die Hauptsache (aa5v). Sind nun Sorgsamkeit und Glaube (diligentia et fides) vorhanden, wie kann dann erreicht werden, dass der Menge eine gesicherte Kenntnis der göttlichen Wahrheit zuteil wird? Hierzu ist die Vertrautheit mit der Sprache (peritia sermonis) nötig, in der diese Wahrheit und der Wille Gottes dargelegt ist (aa5v-aa6r). Es folgt eine Reflexion zur Notwendigkeit der Gelehrsamkeit für die religiöse Erkenntnis. Aus mangelndem Verständnis kann sogar Irrglaube entstehen (errores, superstitiones), der die Kirche verdirbt (aa6r/v).
Exemplarisch verweist Camerarius auf Ereignisse in der Spätantike (oder des Abendländischen Schismas ?) und auf eine Zeit 500 Jahre später, in der französische Theologen summulae über die Bedeutung von Wörtern schrieben (Universalienstreit?). Camerarius entwirft eine negative Zeichnung der Scholastik (?). Als vor etwa 100 Jahren die Wissenschaften wieder ihren Kopf erheben wollten, wurden sie bekämpft, da an den Schulen noch ein unfreier Geist regierte (regnante in scholis passim inerudito genere doctrinae illiberalis) (aa7v). In der Gegenwart (nostra autem aetate) hat Erasmus von Rotterdam für eine Wiederbelebung der Studien gesorgt. Zwar übt Camerarius auch Kritik an Erasmus, lobt ihn aber schließlich dafür, dass er es ermöglicht hat, dass die Bücher der Apostel und des Evangeliums nun zur Verfügung stünden (aa7v-aa8r). Weiterer Korrekturen bedarf es jetzt nicht mehr.
Camerarius führt drei Gründe an, die zu einer Depravation des Bibeltextes führten: 1. Die Nachlässigkeit der Abschreiber (librariorum negligentia), die Auslassungen oder Hinzufügungen zur Folge hat. 2. Die Kühnheit bei Änderungen und Verbesserungen, wenn der Verdacht von Fehlern bestand (audacia mutandi et emendandi ea quae depravata forte aliquis suspicaretur). 3. Die betrügerische Einfügung, durch die die Wahrheit gefährlich entstellt wurde (malitiosae fraudis inculcatio, qua perniciose veritas contaminatur). Einer solchen Kunst der absichtlichen Veränderung haben sich häufig Häretiker, insbesondere Marcion, bedient. Von derartigen Verderbnissen hat Erasmus den Bibeltext in gründlicher Arbeitsweise befreit und dadurch eine sichere Textgestalt für den nach Glaubenserkenntnis strebenden Leser hergestellt.
Camerarius unterstreicht, dass der Text nur mit Sprachkenntnis des Griechischen richtig verstanden werden kann (sine Graecae linguae cognitione non posse illa intellegi) (aa8v). Auch für die historische Texttradition betont Camerarius den Aspekt der Bildung: Diejenigen, die Irrmeinungen in die Kirche einführten, taten dies in dem Fall, dass es aus Unerfahrenheit geschah, aus einem Mangel an Bildung (eos aut non fuisse bene institutos), in dem Fall, dass es mit Absicht geschah, unter Missbrauch der Bildung (aut institutione liberali versute abusos esse). Die Bildung hingegen verabscheut alles, was unsicher ist. Wahre Gelehrsamkeit besteht nicht in Kenntnissen, sondern in ihrer aktiven Anwendung (bb1r). Andernfalls kann sie auch für schlechte Zwecke missbraucht werden. Camerarius führt exegesegeschichtliche Beispiele für mangelnde Gelehrsamkeit in der Bibelauslegung an. Unwissenheit wiederum ist bereit, alles zu akzeptieren. Hieraus zieht Camerarius die Folgerung, dass es der entsprechenden Kenntnisse in der Sprache bedarf, um den wahren Sinn erfassen zu können (ad veram sententiam percipiendam ac tuendam) (bb1r-bb2r).
Camerarius kommt daraufhin auf die Methodik seiner Kommentierung zu sprechen. Er wiederholt die Unabdingbarkeit des Zugangs über die Originalsprache Griechisch. Er äußert seine Vorbehalte gegenüber lateinischen Übersetzungen, rechtfertigt aber auch deren Heranziehung. Camerarius zeigt Erkenntnisoptimismus: Mit der "wahren Vernunft" (vera ratione) kann das Problem divergierender Interpretationen überwunden werden (bb3v). Allerdings können auch Autoren, die als gebildet gelten, fehlgehen. Camerarius gibt als Richtschnur den in der Kirche herrschenden Konsens (consensio ecclesiae Iesu Christi) aus, von dem er sich bemüht nicht abzuweichen (bb4r). Hinweise auf Irrtümer, die er in seinen Korrekturen berücksichtigen kann, heißt er willkommen. In Hinblick auf sein Vorgehen räumt er ein, dass er noch mehr Belegstellen aus griechischen Autoren hätte anführen können. Was er in diesem Bereich gesammelt hat, soll jedoch an geeigneterem Ort herausgegeben werden. Auch bei der Erklärung von Metaphern hat es Camerarius für geboten gehalten, sich knapp zu halten. Er erklärt auch weitere methodische Entscheidungen. Als Kernziel gibt er die sichere Erfassung der Meinung und Intention der Autoren des Bibeltextes (cognitio certa sententiae et voluntatis autorum) aus (B4v). Sein Vorhaben sieht Camerarius als ein Mittel gegen Häresien.
Zum Schluss spricht Camerarius die Widmung aus. Bei dieser Gelegenheit erinnert er an den verstorbenen Georg von Anhalt, dem er die Schrift widmen würde, wenn er noch am Leben wäre (bb5v-bb6r). Die Widmung wird mit einem Lob auf Sigismunds Güte und Gelehrsamkeit verbunden.

Auf das Vorwort folgen Korrekturen zum Kommentar (bb7v-bb8v). In der zweiten Auflage von 1572 werden diese Korrekturen nicht mehr eigens aufgeführt, sondern sind vermutlich in den Kommentar eingearbeitet.

Anmerkungen

  • Anm. 1.: Camerarius denkt hier wohl an den Zweiten Markgrafenkrieg (1552-1554) und den Schmalkaldischen Krieg (1546-1547).