Camerarius an Hessus, 1523: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Joachim Camerarius (1500-1574)
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Mit "Sie sollten ruhig diesen Mann (unbekannt) zum Anführer ihres Wahnsinns und ihrer Raserei erklären." ist vielleicht Karlstadt gemeint.
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"Camerarius habe (Konrad) Mutian das Werklein (nicht identifiziert) aus Leipzig geschickt." Ist hier Eobans "captiva" gemeint?Woher soll Eoban sonst wissen, was für ein opusculum Cam. meint? Man muss die captiva einmal lesen, um hier mehr sagen zu können." Später merkt er an, das Opusculum sei wohl die Melete.
 
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Nach dem freundlichen Empfang bei Hessus sei Camerarius wieder nach ([[Erwähnter Ort::Wittenberg]]) gereist - er sei ja lange nicht dort gewesen. Das Buch (nicht identifiziert), das er von Hessus erhalten hatte, habe er [[Erwähnte Person::Philipp Melanchthon|Philipp (Melanchthon)]] übergeben sowie jene Venus (s. Anm.), die durch die Verse des Hessus mehr Anmut gewinne als durch das überaus ansehnliche Gemälde.
 
Nach dem freundlichen Empfang bei Hessus sei Camerarius wieder nach ([[Erwähnter Ort::Wittenberg]]) gereist - er sei ja lange nicht dort gewesen. Das Buch (nicht identifiziert), das er von Hessus erhalten hatte, habe er [[Erwähnte Person::Philipp Melanchthon|Philipp (Melanchthon)]] übergeben sowie jene Venus (s. Anm.), die durch die Verse des Hessus mehr Anmut gewinne als durch das überaus ansehnliche Gemälde.
  
Aber zunächst solle Hessus hören, was Camerarius auf seiner Reise widerfahren sei. Camerarius habe Hessus' [[Erwähntes Werk::Hessus, Ecclesiae afflictae epistola ad Lutherum, 1523|''captiva'']] und die [[Erwähntes Werk::Melanchthon, Declamatio, 1523|''μελέτη'']] Philipp (Melanchthons) in [[Erwähnter Ort::Leipzig]] vorgefunden. Überschwängliches Lob. Camerarius, der einst das Autograph gelesen hatte, habe kaum glauben können, dass er das selbe Werk lese. Lob der Leichtigkeit, mit der Hessus seine Verse im Nachhinein umdichten könne. Aber ein Lob von Camerarius könne kaum noch zu dem Ruhm des Hessus beitragen. Er nehme sich das auch gar nicht heraus. Allerdings könne er nicht verschweigen, dass er gerade bei den Besten in gutem Ruf stehe und sich darüber freue. Wenn er dann einmal einen eigenen Gedanken habe, führe er diesen oft unbedacht aus, wie Hessus sehe. Aber wozu sich darüber beklagen? Wolle er etwa provozieren? Es sollten alle verschwinden, die keinerlei  Anstand kennten, die Musen vertreiben wollten und der Bezeichnung "Mensch" nicht wert seien. Sie sollten ruhig [[Erwähnte Person::Unbekannt|diesen Mann]] (unbekannt) zum Anführer ihres Wahnsinns und ihrer Raserei erklären.<br> Camerarius habe [[Erwähnte Person::Konrad Mutian|(Konrad) Mutian]] das Werklein (nicht identifiziert) aus [[Erwähnter Ort::Leipzig]] geschickt. Wenn er es erhalte, würden ihm zweifellos die Eleganz der Rede und der Sätze gefallen, ebenso die Würde, die Prägnanz sowie insbesondere die Beweisführung und der Aufbau. Camerarius habe es als seine Pflicht empfunden, eher den vom Untergang bedrohten Wissenschaften ein Epicedium herzurichten, als ihren Triumph über die besiegten Feinde zu begehen. Aber eine den Wissenschaften wohlwollende Gottheit habe Rücksicht auf sie genommen und den Ausgang zum Besseren gewendet. Wenn einige auch jetzt noch bellten, seien sie feige Hunde, weil sich ihre Raserei durch kein Kommando unterdrücken lasse, sondern sogar noch zunehme, und mit Peitsche und Stock gezügelt werden müsse. Sie (sc. Camerarius, Hessus und andere Gleichgesinnte) müssten nun allerdings achtgeben, dass jener Abschaum ihre Studien nicht aus gutem Grunde bekritteln und ihnen einen Mangel an Gewissenhaftigkeit und Willen vorwerfen könne, die gute Sache zu unterstützen. Wie Hessus erkennen könne, schließe sich Camerarius ihm und den Seinen an, aber eher auf die Art und Weise, wie sich der gemeine Soldat, ja sogar der Troß von Marketendern und Knechten großspurig als Teil des Heeres bezeichne.
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Aber zunächst solle Hessus hören, was Camerarius auf seiner Reise widerfahren sei. Camerarius habe Hessus' [[Erwähntes Werk::Hessus, Ecclesiae afflictae epistola ad Lutherum, 1523|''captiva'']] und die [[Erwähntes Werk::Melanchthon, Declamatio, 1523|''μελέτη'']] Philipp (Melanchthons) in [[Erwähnter Ort::Leipzig]] vorgefunden. Überschwängliches Lob. Camerarius, der einst das Autograph gelesen hatte, habe kaum glauben können, dass er das selbe Werk lese. Lob der Leichtigkeit, mit der Hessus seine Verse im Nachhinein umdichten könne. Aber ein Lob von Camerarius könne kaum noch zu dem Ruhm des Hessus beitragen. Er nehme sich das auch gar nicht heraus. Allerdings könne er nicht verschweigen, dass er gerade bei den Besten in gutem Ruf stehe und sich darüber freue. Wenn er dann einmal einen eigenen Gedanken habe, führe er diesen oft unbedacht aus, wie Hessus sehe. Aber wozu sich darüber beklagen? Wolle er etwa provozieren? Es sollten alle verschwinden, die keinerlei  Anstand kennten, die Musen vertreiben wollten und der Bezeichnung "Mensch" nicht wert seien. Sie sollten ruhig [[Erwähnte Person::Unbekannt|diesen Mann]] (unbekannt) zum Anführer ihres Wahnsinns und ihrer Raserei erklären.<br> Camerarius habe [[Erwähnte Person::Conradus Mutianus Rufus|(Konrad) Mutian]] das Werklein (nicht identifiziert) aus [[Erwähnter Ort::Leipzig]] geschickt. Wenn er es erhalte, würden ihm zweifellos die Eleganz der Rede und der Sätze gefallen, ebenso die Würde, die Prägnanz sowie insbesondere die Beweisführung und der Aufbau. Camerarius habe es als seine Pflicht empfunden, eher den vom Untergang bedrohten Wissenschaften ein Epicedium herzurichten, als ihren Triumph über die besiegten Feinde zu begehen. Aber eine den Wissenschaften wohlwollende Gottheit habe Rücksicht auf sie genommen und den Ausgang zum Besseren gewendet. Wenn einige auch jetzt noch bellten, seien sie feige Hunde, weil sich ihre Raserei durch kein Kommando unterdrücken lasse, sondern sogar noch zunehme, und mit Peitsche und Stock gezügelt werden müsse. Sie (sc. Camerarius, Hessus und andere Gleichgesinnte) müssten nun allerdings achtgeben, dass jener Abschaum ihre Studien nicht aus gutem Grunde bekritteln und ihnen einen Mangel an Gewissenhaftigkeit und Willen vorwerfen könne, die gute Sache zu unterstützen. Wie Hessus erkennen könne, schließe sich Camerarius ihm und den Seinen an, aber eher auf die Art und Weise, wie sich der gemeine Soldat, ja sogar der Troß von Marketendern und Knechten großspurig als Teil des Heeres bezeichne.
  
 
Lebewohl. Grüße an [[Erwähnte Person::Johann Lange (Theologe)|(Johann) Lange]] und den jungen Mann mit dem Vornamen des ''magnus angelus'' ([[Erwähnte Person::Michael Nossen]]).
 
Lebewohl. Grüße an [[Erwähnte Person::Johann Lange (Theologe)|(Johann) Lange]] und den jungen Mann mit dem Vornamen des ''magnus angelus'' ([[Erwähnte Person::Michael Nossen]]).
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=== Anmerkungen ===
 
=== Anmerkungen ===
 
* "und jene Venus": Es handelt sich wohl um das Gemälde der Venus oder einer hübschen Frau, über das Hessus wohl zuvor schon einige Verse an Camerarius geschickt hatte.
 
* "und jene Venus": Es handelt sich wohl um das Gemälde der Venus oder einer hübschen Frau, über das Hessus wohl zuvor schon einige Verse an Camerarius geschickt hatte.
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* Mit "Sie sollten ruhig diesen Mann (unbekannt) zum Anführer ihres Wahnsinns und ihrer Raserei erklären." ist vielleicht Andreas Karlstadt gemeint.

Version vom 13. Oktober 2022, 09:13 Uhr



Chronologisch vorhergehende Briefe
Briefe mit demselben Datum
Chronologisch folgende Briefe
 Briefdatum
Hessus an Camerarius, 09.09.15219 September 1521 JL
Hessus an Camerarius, Sommer/Herbst 1521?31 Mai 1521 JL
Hessus an Camerarius, 21.01.15216 Januar 1521 JL
 Briefdatum
Camerarius an Hessus, 15231523 JL
 Briefdatum
Hessus an Camerarius, 07.04.15247 April 1524 JL
Camerarius an Hessus, September 15241 September 1524 JL
Hessus an Camerarius, September 1524?2 September 1524 JL
Werksigle OCEp 0005
Zitation Camerarius an Hessus, 1523, bearbeitet von Ulrich Schlegelmilch und Manuel Huth (13.10.2022), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/OCEp_0005
Besitzende Institution
Signatur, Blatt/Seite
Ausreifungsgrad Druck
Erstdruck in Hessus, Epistolae familiares, 1543
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck S. 265
Zweitdruck in
Blatt/Seitenzahl im Zweitdruck
Sonstige Editionen Tentzel/Dinckel 1701, 2. Teil, S. 53, Nr. XXXIX (Auszug)
Wird erwähnt in
Fremdbrief? nein
Absender Joachim Camerarius I.
Empfänger Helius Eobanus Hessus
Datum 1523
Datum gesichert? ja
Bemerkungen zum Datum
Unscharfes Datum Beginn
Unscharfes Datum Ende
Sprache Latein
Entstehungsort Wittenberg
Zielort Erfurt
Gedicht? nein
Incipit Posteaquam a te humanissime tractatus, redii quo festinabam
Link zur Handschrift
Regest vorhanden? ja
Paratext ? nein
Paratext zu
Kurzbeschreibung
Anlass
Register
Handschrift unbekannt
Bearbeitungsstand validiert
Notizen VG, 13.10.22: Anm. ToWo: "dieser Brief ist wohl Ende Januar/Anfang Februar 1523 geschrieben. Da Cam. schreibt, er hätte in Leipzig die captiva von Hessus gesehen. Da Hessus das Werk im März an Mel. geschickt hat, hätte Mel. dieses Werk vermutlich seinem Freund Cam. gezeigt, der bei ihm im Haus wohnte.

Mit "Sie sollten ruhig diesen Mann (unbekannt) zum Anführer ihres Wahnsinns und ihrer Raserei erklären." ist vielleicht Karlstadt gemeint.

"Camerarius habe (Konrad) Mutian das Werklein (nicht identifiziert) aus Leipzig geschickt." Ist hier Eobans "captiva" gemeint?Woher soll Eoban sonst wissen, was für ein opusculum Cam. meint? Man muss die captiva einmal lesen, um hier mehr sagen zu können." Später merkt er an, das Opusculum sei wohl die Melete.

Wiedervorlage ja
Bearbeiter Benutzer:US; Benutzer:MH
Gegengelesen von Benutzer:US; Benutzer:VG
Datumsstempel 13.10.2022
Werksigle OCEp 0005
Zitation Camerarius an Hessus, 1523, bearbeitet von Ulrich Schlegelmilch und Manuel Huth (13.10.2022), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/OCEp_0005
Ausreifungsgrad Druck
Erstdruck in Hessus, Epistolae familiares, 1543
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck S. 265
Sonstige Editionen Tentzel/Dinckel 1701, 2. Teil, S. 53, Nr. XXXIX (Auszug)
Fremdbrief? nein
Absender Joachim Camerarius I.
Empfänger Helius Eobanus Hessus
Datum 1523
Datum gesichert? ja
Sprache Latein
Entstehungsort Wittenberg
Zielort Erfurt
Gedicht? nein
Incipit Posteaquam a te humanissime tractatus, redii quo festinabam
Regest vorhanden? ja
Paratext ? nein
Datumsstempel 13.10.2022


Zielort mutmaßlich.

Regest

Nach dem freundlichen Empfang bei Hessus sei Camerarius wieder nach (Wittenberg) gereist - er sei ja lange nicht dort gewesen. Das Buch (nicht identifiziert), das er von Hessus erhalten hatte, habe er Philipp (Melanchthon) übergeben sowie jene Venus (s. Anm.), die durch die Verse des Hessus mehr Anmut gewinne als durch das überaus ansehnliche Gemälde.

Aber zunächst solle Hessus hören, was Camerarius auf seiner Reise widerfahren sei. Camerarius habe Hessus' captiva und die μελέτη Philipp (Melanchthons) in Leipzig vorgefunden. Überschwängliches Lob. Camerarius, der einst das Autograph gelesen hatte, habe kaum glauben können, dass er das selbe Werk lese. Lob der Leichtigkeit, mit der Hessus seine Verse im Nachhinein umdichten könne. Aber ein Lob von Camerarius könne kaum noch zu dem Ruhm des Hessus beitragen. Er nehme sich das auch gar nicht heraus. Allerdings könne er nicht verschweigen, dass er gerade bei den Besten in gutem Ruf stehe und sich darüber freue. Wenn er dann einmal einen eigenen Gedanken habe, führe er diesen oft unbedacht aus, wie Hessus sehe. Aber wozu sich darüber beklagen? Wolle er etwa provozieren? Es sollten alle verschwinden, die keinerlei Anstand kennten, die Musen vertreiben wollten und der Bezeichnung "Mensch" nicht wert seien. Sie sollten ruhig diesen Mann (unbekannt) zum Anführer ihres Wahnsinns und ihrer Raserei erklären.
Camerarius habe (Konrad) Mutian das Werklein (nicht identifiziert) aus Leipzig geschickt. Wenn er es erhalte, würden ihm zweifellos die Eleganz der Rede und der Sätze gefallen, ebenso die Würde, die Prägnanz sowie insbesondere die Beweisführung und der Aufbau. Camerarius habe es als seine Pflicht empfunden, eher den vom Untergang bedrohten Wissenschaften ein Epicedium herzurichten, als ihren Triumph über die besiegten Feinde zu begehen. Aber eine den Wissenschaften wohlwollende Gottheit habe Rücksicht auf sie genommen und den Ausgang zum Besseren gewendet. Wenn einige auch jetzt noch bellten, seien sie feige Hunde, weil sich ihre Raserei durch kein Kommando unterdrücken lasse, sondern sogar noch zunehme, und mit Peitsche und Stock gezügelt werden müsse. Sie (sc. Camerarius, Hessus und andere Gleichgesinnte) müssten nun allerdings achtgeben, dass jener Abschaum ihre Studien nicht aus gutem Grunde bekritteln und ihnen einen Mangel an Gewissenhaftigkeit und Willen vorwerfen könne, die gute Sache zu unterstützen. Wie Hessus erkennen könne, schließe sich Camerarius ihm und den Seinen an, aber eher auf die Art und Weise, wie sich der gemeine Soldat, ja sogar der Troß von Marketendern und Knechten großspurig als Teil des Heeres bezeichne.

Lebewohl. Grüße an (Johann) Lange und den jungen Mann mit dem Vornamen des magnus angelus (Michael Nossen).

(Manuel Huth)

Anmerkungen

  • "und jene Venus": Es handelt sich wohl um das Gemälde der Venus oder einer hübschen Frau, über das Hessus wohl zuvor schon einige Verse an Camerarius geschickt hatte.
  • Mit "Sie sollten ruhig diesen Mann (unbekannt) zum Anführer ihres Wahnsinns und ihrer Raserei erklären." ist vielleicht Andreas Karlstadt gemeint.