Einförmige Wiederkehr gleichklingender Wörter

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Buch Matthias (1929): Sprachleben und Sprachschäden. Ein Führer durch die Schwankungen und Schwierigkeiten des deutschen Sprachgebrauchs.
Seitenzahlen 431 - 432
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Unsicherheit
Text

In allen diesen Wendungen wirkt es doppelt häßlich, daß sich mit der sachlichen Doppelbezeichnung, die das innere, geistige Ohr verletzt, meist zugleich eine Doppelsetzung desselben Wortstammes vereinigt, die auch das nach Abwechslung verlangende äußere Öhr, den Sinn für schönen Klang der Sprache verletzt. Hier mögen zunächst zwei bloß an dem letzteren Fehler leidende Sätze mit Vorschlägen zur Verbesserung angeführt sein: Erstreckt sich die Betrachtung weiter als auf das einzelne Wort, betrachtet sie (also: betrachtet die Betrachtung!) das Wort auch als Glied des Satzes, so tritt eine vierte Betrachtungsweise ein (besser etwa: sieht man das Wort nicht bloß in seiner Vereinzelung, sondern auch als Glied des Satzes an, so ...); und ein Satz von scheinbar unschuldigerer Art, aber nicht minder häßlichem Klange: neben einem schon mit einem einen Besitz anzeigenden Genetiv erweiterten Hauptworte (statt: neben einem Hauptworte, das schon durch einen den Besitz anzeigenden Genetiv erweitert ist).

Wird ein Wort gar in verschiedenem Sinne wiederholt, so gesellt sich zum Mißklange noch die Beeinträchtigung der Deutlichkeit. Aus diesen beiden Rücksichten wechselt z. B. Mosen am Anfange des bekannten Hoferliedes also ab: Zu Mantua in Banden der treue Hofer war, in Mantua zum Tode führt ihn der Feinde Schar. Nach solchem Muster hätte denn L. v. Hörmann schreiben sollen: Die Gefahr, die bei (nicht: mit) jedem aufsteigenden Gewitter mit Blitzstrahl und Hagelschlag droht; und Zeitungen: Die Germania sagt über die (statt: von den) obigen Ausführungen der Presse über die Gesinnungstüchtigkeit der Bischöfe; und: Für den (statt: von dem) Lyriker wird es von jedem zugestanden. Jedenfalls tritt auch, wenn Orts- und Land- oder Landschaftsnamen zugleich genannt werden, vor jenen immer zu, vor diesen in: zu Limburg in Holland, zu Michelstadt im Odenwalde. Wenn dagegen nur der Ortsname angegeben ist, gehört das ehedem vorherrschende zu mehr der gehobenen Sprache an, wie es denn die Dichter noch heute lieben: Zu Straßburg auf der Schanz; Auf der Burg zu Germersheim (J. Kerner).

Vor allem vermeide man, in einem Satzgefüge zur Einleitung mehrerer Nebensätze verschiedner Stufen das nämliche Bindewort zu verwenden, wenngleich man sich früher, wo freilich auch die Zahl der Bindewörter und Ausdrucksweifen geringer war, hierin nicht gleich peinlich gezeigt hat. Wie man heute dem gewählteren Wechsel gerecht wird, sei an einigen Sätzen angedeutet: Wenn er nun gar die Tür aufstieß oder zuschlug und, wenn $Seite 432$ (besser: falls oder sooft) ihm etwas befohlen ward, entweder nicht von der Stelle wich oder ungestüm davon rannte, so mußte er eine große Lektion anhören (Goethe). Sie wurden dann erfroren aufgefunden, wie (besser: indem) sie noch saßen, wie sie sich niedergesetzt hatten (Stifter).

Etwas ganz anderes ist es und wirkt auch in lebendiger, gehobner Rede ebenso verdeutlichend als eindringlich, wenn eine Reihe ähnlich gebauter Nebensätze gleicher Stufe mit demselben Bindewort eingeleitet wird. Selbst der ruhig betrachtende Goethe verwendet das Mittel, viel öfter der rhetorische Schiller; hier nur ein Beispiel von jenem: Welche köstliche Empfindung müßte es sein, wenn man gute, edle, der Menschheit würdige Gefühle ebenso schnell durch einen elektrischen Schlag ausbreiten, ein solches Entzücken unter dem Volke verbreiten könnte, als diese Leute durch ihre körperliche Geschicklichkeit getan haben; wenn man der Menge das Mitgefühl alles Menschlichen geben, wenn man sie mit der Vorstellung des Glückes und Unglückes, der Weisheit und Torheit, ja des Unsinns und der Albernheit entzünden, erschüttern und ihr stokkendes Innere in freie, lebhafte und reine Bewegung setzen könnte!


Zweifelsfall

Lexikalische Konkurrenzen

Beispiel
Bezugsinstanz Literatursprache, alt, alt, gehobene Sprache, Goethe - Johann Wolfgang, gegenwärtig, Kerner - Justinus, Hörmann von Hörbach - Ludwig, gehobene Sprache, gesprochene Sprache, Mosen - Julius, gegenwärtig, Schiller - Friedrich, Stifter - Adalbert, Zeitungssprache
Bewertung

an dem letzteren Fehler leidende, äußere Ohr, den Sinn für schönen Klang der Sprache verletzt, besser, besser etwa, das innere, geistige Ohr verletzt, dem gewählteren Wechsel gerecht, doppelt häßlich, ebenso verdeutlichend als eindringlich, gesellt sich zum Mißklange noch die Beeinträchtigung der Deutlichkeit, hätte schreiben sollen, immer, nicht, statt, vermeide man, von scheinbar unschuldigerer Art, aber nicht minder häßlichem Klange

Intertextueller Bezug