Heutiger Unterschied der Konjunktivarten 2.

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Buch Matthias (1929): Sprachleben und Sprachschäden. Ein Führer durch die Schwankungen und Schwierigkeiten des deutschen Sprachgebrauchs.
Seitenzahlen 363 - 364
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Unsicherheit

In diesem Kapitel behandelte Zweifelsfälle

Behandelter Zweifelfall:

Konjunktiv I, Konjunktiv II oder würde-Form

Genannte Bezugsinstanzen: Alt, Keller - Gottfried, Gegenwärtig, Umgangssprache, Schiller - Friedrich, Ursprünglich
Text

Der Konjunktiv der Präterita dient gleichmäßig in Haupt- und Nebensatz dazu, eine bedingte und eine bescheidene oder vorsichtige Behauptung wiederzugeben: ich möchte fast glauben; es dürfte sich (wohl) anders verhalten. So sieht er nach Formen der Gegenwart in dem Satze aus dem $Seite 364$ alltäglichen Leben: Das ist hier ein Mann, dem ich mich anvertrauen würde, und bei Schiller wie oft in der unvollständigen Bedingungsperiode: Das ist der Kahn, der mich hinüber trüge. Wie in diesen Beispielen die Präteritalform im abhängigen Sätze steht, weil sie auch im entsprechenden unabhängigen stehn würde, so zittert die ursprünglichste Bedeutung des Konjunktivs des Präteritums, von der seine Erscheinungsformen im Nebensatz doch alle nur Nachklänge sind, überhaupt im Nebensatze noch öfter nach. Jene Grundbedeutung ist die, etwas zu heischen, an dessen Erfüllung man nicht glaubt, so leidenschaftlich man sie herbeisehnt; und diese klingt nach, sooft eine gewisse Erregung, ein unerfüllbares Begehren gemalt werden soll, eine unbeantwortbare Frage gestellt wird oder doch ein Wunsch nicht schnell genug erfüllt, eine Frage nicht schnell genug beantwortet wird, als daß man sich nicht schon darüber erregen sollte, daß es gar nicht geschehn, also — unmöglich sein konnte. So erklärt sich bei G. Keller inmitten lauter präsentischer Konjunktive einer abhängigen Rede ein einziger des Präteritums: Darum wünsche der Vater, daß Brandolf sich entschließen könnte - „könnte er sich doch nur entschließen", sagt er schon in unabhängiger Form - den Sprung zu wagen. So auch in dem folgenden Satze des nämlichen, wo die Parallele des selbständigen Satzes nichts hilft: Sie schlug die Augen nieder, mit einer innern Neugierde, was das wohl sein möchte, das besser als Schönheit sei und doch im Spiegel gesehen werden könne. Kurz, dem Konjunktiv der Präterita ist, und zwar heut in weiterm Umfange als früher, die Aufgabe zugefallen, das Gegenteil zum Wirklichen und Tatsächlichen wie zum Möglichen auszudrücken: das Nichtwirkliche und zwar in Nebensätzen auch nach einem Haupttempus.


Zweifelsfall

Konjunktiv I, Konjunktiv II oder würde-Form

Beispiel
Bezugsinstanz alt, Keller - Gottfried, gegenwärtig, Umgangssprache, Schiller - Friedrich, ursprünglich
Bewertung

Frequenz/noch öfter

Intertextueller Bezug