Je - je, so - so, je - desto, nicht: umso - umso

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Buch Matthias (1929): Sprachleben und Sprachschäden. Ein Führer durch die Schwankungen und Schwierigkeiten des deutschen Sprachgebrauchs.
Seitenzahlen 274 - 275
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Unsicherheit
Text

Auch der umgekehrte Fall kommt vor, daß Bindewörter, die heute im allgemeinen als unterordnende empfunden werden, ihre ältere adverbiale oder den Hauptsatz anknüpfende Kraft wiedererlangen, sobald das Zeitwort neben ihnen nicht in der Stellung des Neben-, sondern des Hauptsatzes erscheint: so wiewohl, obzwar, obschon u. ä. Obgleich (= jedoch) das Weißbrot schmeckt auch im Schlosse gut, sagt z. B. Hebel. Ganz gewöhnlich ist je mit — noch — hinweisender Kraft (ursprünglich = immer) im zweiten Gliede neben einem rückbezüglichen je im ersten, freilich in der Hauptsache nur noch in zusammengezogenen oder doch kurzen Sätzen. Da das aber etwas Volkstümliches, Natürliches ist, wie jedem der Blumenname Jelängerjelieber sagt, mag man zusammengezogene Sätze nur auch immer möglichst nach dem Goethischen Muster bauen: Bis an die steilsten Höhen liegt roter Ton angeschwemmt, je höher, je röter, und auch kurze selbständige nach dem Lessingschen: Ihr Gelehrten, je mehr ihr lernt, je mehr vergeßt ihr. Nur bei $Seite 275$ längeren Sätzen verdient desto und umso im Nachsatze den Vorzug, weil da die größere Spannung des Tones zwischen der Einleitung des Neben- und der des Hauptsatzes in diesem ein Wort erwünscht macht, das eines größeren Nachdrucks fähig ist als das dürstige je. Wieviel besser ein solches desto oder umso dann wirkt, wird jeder fühlen, der diese in dem folgenden Satze Karls von Francois für die zwei letzten je einsetzt: Jemehr ich mich der heimatlichen Gegend näherte, je wohlbekannter mir alles entgegenlachte, je (desto, umso) mächtiger hob sich meine Brust, je (desto, umso) lebhafter malte mir meine Phantasie die Freude des bevorstehenden Wiedersehens aus. Geradezu ungefällig klingt umso auch im vorangestellten Nebensatze so gut bei Grabbe: Umso (statt je) länger du die reinen menschlichen Gefühle niederringst, umso gewaltiger richten sie hernach sich auf, wie bei einem Germanisten: Umso stärker die Veränderung des Sprachusus, umso mehr Gelegenheit ist zum Wachstum der dialektischen Verschiedenheit gegeben. Dem je — je mit Komparativ entspricht genau so — so (doch) mit Positiv, womit bezeichnet wird, daß zwei Eigenschaften in gleichem Grade vorhanden sind. So glücklich Herr v. Caprivi bis jetzt immer gesprochen hat, so unglücklich fuhr er mit dieser unbegründeten Absage an die Liberalen. Natürlich ist es wieder eine Unregelmäßigkeit, wenn im Nachsatz auf die durch ein erstes so begonnene Betonung des gleichen Grades verzichtet wird, wie etwa bei Jensen: Man hat den Versuch gemacht, den Feldberg als aus Viehberg entstanden herzuleiten; aber so richtig dies beim Hachberg zutrifft, ist die Erklärung eine (!) sehr unwahrscheinliche (statt so unwahrscheinlich ist die Erklärung hier).


Zweifelsfall

Paarige Konjunktionen und ihr Gebrauch

Beispiel
Bezugsinstanz alt, Fachsprache (Germanistik), Goethe - Johann Wolfgang, Grabbe - Christian Dietrich, Hebel - Johann Peter, gegenwärtig, Jensen - Wilhelm, François - Karl von, Lessing - Gotthold Ephraim, ursprünglich, Volk
Bewertung

besser, dürftige, eine Unregelmäßigkeit, erwünscht, etwas Natürliches, etwas Volkstümliches, Frequenz/Ganz gewöhnlich, Frequenz/im allgemeinen, Geradezu ungefällig klingt, mag man bauen, verdient den Vorzug

Intertextueller Bezug