Camerarius an Schegk, 1542

Aus Joachim Camerarius (1500-1574)
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 Briefdatum
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 Briefdatum
Camerarius an Schegk, 15421542 JL
 Briefdatum
Camerarius an Schegk, 13.11.156213 November 1562 JL
Camerarius an Schegk, 28.10.156528 Oktober 1565 JL
Camerarius an Schegk, 25.05.15XX25 Mai 1573 JL
Werksigle OCEp 1226
Zitation Camerarius an Schegk, 1542, bearbeitet von Manuel Huth und Anne Kram (14.03.2021), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/OCEp_1226
Besitzende Institution
Signatur, Blatt/Seite
Ausreifungsgrad Druck
Erstdruck in Camerarius, Epistolae familiares, 1595
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck S. 432-436
Zweitdruck in
Blatt/Seitenzahl im Zweitdruck
Sonstige Editionen
Wird erwähnt in
Fremdbrief? nein
Absender Joachim Camerarius I.
Empfänger Jakob Schegk
Datum 1542
Datum gesichert? nein
Bemerkungen zum Datum
Unscharfes Datum Beginn
Unscharfes Datum Ende
Sprache Latein
Entstehungsort Leipzig
Zielort Tübingen
Gedicht? nein
Incipit Binas literas abs te accepi scriptas utrasque amantiss. Ac quaesivi diligenter occasionem
Link zur Handschrift
Regest vorhanden? ja
Paratext ? nein
Paratext zu
Kurzbeschreibung
Anlass
Register
Handschrift unbekannt
Bearbeitungsstand validiert
Notizen
Wiedervorlage ja
Bearbeiter Benutzer:MH; Benutzer:AK
Gegengelesen von Benutzer:US
Datumsstempel 14.03.2021
Werksigle OCEp 1226
Zitation Camerarius an Schegk, 1542, bearbeitet von Manuel Huth und Anne Kram (14.03.2021), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/OCEp_1226
Ausreifungsgrad Druck
Erstdruck in Camerarius, Epistolae familiares, 1595
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck S. 432-436
Fremdbrief? nein
Absender Joachim Camerarius I.
Empfänger Jakob Schegk
Datum 1542
Datum gesichert? nein
Sprache Latein
Entstehungsort Leipzig
Zielort Tübingen
Gedicht? nein
Incipit Binas literas abs te accepi scriptas utrasque amantiss. Ac quaesivi diligenter occasionem
Regest vorhanden? ja
Paratext ? nein
Datumsstempel 14.03.2021


Entstehungs- und Zielort ermittelt.

Regest

Camerarius habe zwei Briefe von Schegk erhalten und seitdem auf eine günstige Gelegenheit gewartet, ihm zu antworten. Bisher habe sich aber weder eine solche Gelegenheit noch eine verlässliche Übermittlungsmöglichkeit geboten. Als er die Aussicht hatte, einem Bediensteten ihres Freundes (Leonhart?) Fuchs einen Brief mitgeben zu können, habe er einen Brief verfasst, um ihn diesem nach seiner Rückkehr (nach Leipzig) zu übergeben. Aber er warte nun schon den ganzen Monat besorgt auf ihn und habe nicht in Erfahrung bringen können, wo er bleibe und was mit ihm geschehen sei. Inzwischen sei das traurige Gerücht über den Tod des Fuchs hier (in Leipzig) im Umlauf, das er sofort hinweggewünscht habe, und auch für falsch halte (s. Anm.). In dieser schwierigen Situation habe er nun diesen Brief nach Nürnberg geschickt und Freunde gebeten, ihn zu Schegk zu bringen, um ihn nicht länger warten zu lassen.

Nun aber müsse er auf alles antworten, was Schegk ihm geschrieben habe. Er könnte es auch nicht mit wenigen Worten tun und ebensowenig, ohne manche Wunde aufzureißen. Sie müssten daher akzeptieren, dass dies so geschehen sei, auch wenn es schmerzlich sei (Hom. Il. 18,112. 19,65).

Er habe Schegks Universität (in Tübingen) verlassen, zwar nicht gerne, weil sie für seine Studien geeignet gewesen sei, aber wegen der Zeitumstände auch nicht ungern (s. Anm.). Auch wenn er keine Wahl gehabt habe und gewissermaßen zum Weggang gezwungen war, glaube er, dass es nach Gottes Willen geschehen sei und vertraue ihm sein Schicksal an. Vermutlich bedauerten nicht viele die Angelegenheit. Er wolle gar nicht davon reden, wie ihm seine Ratschläge, Bemühungen und nicht zuletzt auch sein nicht geringer Einsatz für die universitären Angelegenheiten (s. Anm.) gedankt wurde. Auch jetzt hoffe er noch, dass man die Angelegenheiten (der Universität in Tübingen; vestras res) öffentlich und privat so gut wie möglich vorantreibe.

Als er hierher (nach Leipzig) gekommen sei, habe er erkannt, dass Schegks Gelehrtheit im Gelehrtenkreis große Anerkennung finde. Er habe sich sehr darüber gefreut, zum einen weil es für Schegks Universität spreche, deren Ruf nun auch ihm besonders wichtig sei, zum anderen weil er sich für seinen Freund freue. Diese Gelehrten hätten Schegk für sich gewinnen und ihn hierher (an die Universität Leipzig) holen wollen. Diesbezüglich sei auch bereits ein Brief verschickt worden. Schegks Antwort habe aber beinahe alle Hoffnung auf sein Kommen zerschlagen. Camerarius habe dem Schreiben der anderen damals aus zwei Gründen keinen eigenen Brief beigefügt: Zum einen habe er geglaubt, dass die Universität (Tübingen) durch Schegks Weggang Schaden nehmen würde, zum anderen sei auch nicht klar gewesen, dass es für Schegk das Beste sei. Wenn er aber Schegks wissenschaftliche Laufbahn schon nicht fördern könne, so wolle er ihr auf jeden Fall nicht schaden. Zwar müsse für alle anständigen Leute die Sorge um das Gemeinwohl an erster Stelle stehen, aber man dürfe auch das Wohlergehen seiner Freunde nicht vernachlässigen. Vielleicht glaube Schegk, dass Camerarius‘ Weggang der Universität (Tübingen) auch geschadet habe und dass Camerarius bei seinem Weggang nicht dieselben Befürchtungen gehegt habe wie nun bei Schegks, und vielleicht wundere er sich, warum Camerarius daran zweifle, dass dieser Stellenwechsel vorteilhaft sei. Aber in Schegks Angelegenheit habe er eine andere Meinung. Denn er wisse, dass viele seine Leistung oft heruntergespielt hätten, und er habe den Eindruck gewonnen, dass sich durch seinen Weggang einiges verbessert habe. Schließlich sei er nicht aus freien Stücken gegangen, sondern geradezu gezwungen gewesen. In Schegks Fall fielen ihm aber viele (Argumente gegen einen Weggang) ein: die große Veränderung des Klimas, des Landes, der Lebensweise, dass er seine Heimat verlassen und zu weit entfernten Fremden gehen müsse, deren Sitten sich ziemlich von denen Schegk vertrauten unterschieden, außerdem die Kosten der Reise und des täglichen Lebens hier (in Leipzig), von denen sich auch Camerarius immer noch erschlagen fühle, obwohl man seine Bezahlung für äußerst großzügig halte. Er habe ihn nicht mit einem Brief zu diesem Schritt ermuntern wollen, weil ihm Schegks Freundschaft und ihr wissenschaftlicher Austausch sehr wichtig sei und er nicht den Eindruck erwecken wollte, Schegks wissenschaftlicher Karriere zu schaden oder sich zu wenig um seine Angelegenheiten zu kümmern. Als Schegk aber in seinem Brief den Wunsch nach einem Stellenwechsel geäußert habe, falls noch eine Stelle bei ihm (in Leipzig) frei sei, und Schegk (in Tübingen) angeblich irgendwelche Schwierigkeiten gemacht wurden, die nicht ungefährlich waren, befreie er sich gleichsam von seiner Schuld, wenn er nun seine Meinung ändere. Im Glauben, dass er auf diese Weise – wie auch immer die Sache ausgehen werde – vor der Öffentlichkeit und vor sich selbst frei von Schuld sei, habe er die Angelegenheit mit einem redlichen und integren Mann (unbekannt) besprochen und Schegks Anliegen mit einer angemessenen Empfehlung vorgetragen. Da man aber im vorigen Jahr gesagt hatte, dass Schegk momentan nicht an die Universität Leipzig wechseln könne, habe Camerarius die Stelle auf sich selbst kommissarisch übertragen lassen (vicaria opera), damit die Dozentur für Philosophie für Schegk (da er die Hoffnung auf dessen Wechsel nach Leipzig nicht aufgegeben habe) oder für einen anderen kompetenten Bewerber erhalten bliebe und diese Mittel nicht einem Ungebildeteren zufielen. Er habe angefangen, eine Vorlesung über die Πολιτικά des Aristoteles zu halten, was sowohl zu seinem Wesen als auch zu seinem wissenschaftlichen Interesse passe, und er vertraue darauf, dass Schegk bei eingehender Prüfung seine Vorgehensweise und Bemühungen billigen werde. Schegk solle wissen, dass, was die (Stelle für) aristotelische Philosophie anbelange, noch alle Möglichkeiten offen stünden und er sie übernehmen könne, wenn er wolle. Die Entlohnung betrage 150 Gulden im Jahr, ein kleines Gehalt bei der nun überall vorherrschenden Lebensweise. Wenn er wolle, könne er sich aber als Arzt und durch Privatunterricht vielleicht etwas dazu verdienen. Aber er halte es nur für seine Aufgabe, Schegk sichere Tatsachen mitzuteilen „und nicht den Qualm nach dem Glanz, sondern Licht nach dem Qualm zu geben“ (Hor. ars 143).

Er habe Schegk die ganze Angelegenheit nun einfach und ununwunden dargelegt und hoffe, dass er es folgendermaßen verstehe: Camerarius wolle ihn nicht von einem schnellstmöglichen Wechsel nach Leipzig abhalten, sondern ihm eine freiere Entscheidung in einer solch bedeutenden Angelegenheit ermöglichen. Denn so, wie er sich nicht weigern werde, Schegk sogar zum eigenen Nachteil behilflich zu sein, wenn er könne, so halte er es für ein großes Verbrechen, einem Freund unsichere oder sogar falsche Hoffnungen zu machen. Er könne aber versichern, dass alle Gelehrten nach Schegk verlangten, ebenso wie es auch Camerarius tue, aber er berücksichtige dabei in erster Linie Schegks Karriere. Er hoffe, Schegk werde so entscheiden, wie es ihm und seiner Familie am meisten nütze. Wenn Schegk also hierher (nach Leipzig) komme, werde er hoffentlich dafür sorgen können, dass Schegk nicht das Wohlwollen des Camerarius und seine frühere Freundschaft vermissen müsse. Er wünschte, er könnte ihm nicht nur größeres Wohlwollen zeigen, sondern ihn auch tatsächlich stärker unterstützen. Doch was in seiner Macht stehe, das werde er leisten, und er hoffe, dass dies Schegk willkommen sei.

Lebewohl.

(Anne Kram / Manuel Huth)

Anmerkungen

  • „das er für falsch halte“: Wenn mit „Fuchsius“ Leonhart Fuchs gemeint ist, handelt es sich tatsächlich um ein falsches Gerücht. Leonhart Fuchs starb erst 1566.
  • „wegen der Zeitumstände auch nicht ungern“: Camerarius verließ die Universität Tübingen aufgrund von Spannungen zwischen Senat und Artistenfakultät und wegen seines schwierigen Verhältnisses zu Herzog Ulrich (Württemberg) (vgl. Hamm 2011, Sp. 427).
  • „nicht geringer Einsatz für die universitären Angelegenheiten“: Camerarius war wesentlich an der Reorganisation der Universität beteiligt.

Literatur und weiterführende Links